Kurzbericht über das Jugendprojekt im Osten des Dept. Caldas, Kolumbien, mitfinanziert von Pro-Apoyar

Bericht von Richard Aufdereggen, Bogotá


Ich besuchte die Gruppen von La Dorada, San Diego, Berlín und Florencia. Bei den jeweiligen Teffen hatte ich die Möglichkeit ausgiebig mit den Jugendlichen (zwischen 14 und 28 Jahren) zu sprechen und ihre Meinung über alle möglichen Themen zu hören. In der Folge möchte ich meine Eindrücke festhalten und an alle Interessierten weitergeben:


240 Jugendliche am Projekt beteiligt

In direkter Form beteiligen sich momentan 240 Jugendliche am Projekt. Diese treffen sich wöchentlich in den von uns aufgebauten Landjugendheimen (LJH), wie in San Diego und Florencia, in dem Schulgebäude (Berlín) und in unserem eigenen Gruppenzentrum (La Dorada). Neben diesen direkt Beteiligten erreichen wir rund die doppelte Zahl von jungen Menschen auf indirekte Weise (weiter unten werde ich darauf zurückkommen), also gesamthaft rund 500. 




Organisation

Die Organisation ist folgendermassen aufgebaut: 
  • ein Projektleiter, zuständig für alle Tätigkeiten
    es handelt sich um Edilberto García, den ich selber vor 22 Jahren im LJH Florencia als jungen Schüler kennen lernte und mir vornahm ihn zu fördern.
    Er leitet noch andere Projekte und schliesst eben seinen Master in Sozialarbeit an der Universität ab). 
  • Mit ihm zusammen arbeitet Fernando Alvarez, Psychologe
  • Jeder Gruppe steht ein junger Koordinator vor, der die Gruppe sammelt, die Diskussionen leitet und die Themen aussucht. Diese Projektverantwortlichen werden von uns bezahlt. 

Ausbildung

Die allermeisten dieser 240 Jugendlichen studieren an den verschiedenen Mittelschulen, 8 an der Universität und einige haben eine kurze Berufslehre im SENA (eine Art Berufsschule) abgeschlossen. 12 der Beteiligten begannen mit einem kleinen landwirtschaftlichen Produktionsprojekt auf ihrem eigenen Bauernhof (Kaffee, Mais, Gemüseproduktion und Tierhaltung – vor allem Schweine und Hühner). 



Eindrücke aus Gesprächen mit den Jugendlichen

Nach längeren Gesprächen mit ihnen kam ich zu folgenden Eindrücken: 
  • die meisten jungen Leute nehmen aktiv an den Diskussionen teil und sind interessiert an neuen Themen (Beruf, Politik, Zukunft, Sexualität, Friedensprozess etc). 
  • für fast alle ist diese Art des Zusammenseins und Diskutierens völlig neu, nie hatte sich vorher jemand in dieser Art um sie gekümmert
  • rund die 60% der Beteiligten sind Opfer des kolumbianischen Bürgerkrieges gewesen: in mehreren Fällen wurde ein oder mehrere Familienmitglieder von den Konfliktparteien umgebracht oder die gesamte Familie musste fliehen. Rund um dieses Thema ist bei ihnen noch eine grosse Portion Misstrauen gegenüber dem Friedensprozess bemerkbar, zudem bei vielen noch Hass auf die Täter. Gerade hier ist die Teilnahme des Psychologen Fernando so wichtig. Zudem nehmen sowohl Leiter wie Jugendliche an nationalen Treffen zum Thema “die Jugend und der Friedensprozess” teil.

Erfolge

Als bisherige Erfolge kann ich hervorheben: 


  • die Wochentreffen haben ohne Zweifel gegenseitiges Misstrauen abgebaut. Nach den Aussagen der Leiter ist die Integration und das Vertrauen gewachsen. Das Selbstvertrauen hat sich gefestigt, die allermeisten sind sich ihrer menschlichen Würde bewusst und sprechen auch davon. 

  • zum ersten Mal nach 20 Jahren treffe ich junge Menschen in dieser Region, die von der Möglichkeit sprechen auf dem elterlichen Bauernhof zu bleiben. Der allgemeine Trend ist ja hier: ab in die Stadt! 

  • eine der wichtigsten Punkte ist bestimmt das wachsende politische Engagement dieser Jugendlichen. Noch in diesem Jahre gibt es in Kolumbien die Gemeindewahlen: die Gruppen bereiten sich aktiv vor, mit den verschiedenen Kandidaten zu sprechen und ihre Wünsche und Forderungen anzubringen. Hier ist zu bemerken, dass nach kolumbianischem Gesetz jede Gemeindebehörde Jugendprojekte unterstützen muss; dies wurde allerdings in diesen Gemeinden bisher nicht eingehalten. Ich bin überzeugt, dass die im Herbst gewählten Gemeinderäte dies nicht mehr einfach umgehen können. - nach Aussagen der Gruppenleiter erreicht jeder Teilnehmer mindestens ein weiterer Jugendlicher und teilt die gemachte Erfahrung mit. Aus diesem Grunde kann man von einer indirekten Beteiligung von 250 weiteren Jugendlichen sprechen.

  • bei den Treffen geht es nicht nur um Diskussionen ernster Themen, es werden auch andere Aktivitäten gefördert wie Tanz und Ausflüge. Moderne Tänze, wie Hip Hop (in La Dorada wurden mir solche Tänze vorgeführt) begeistern und ziehen die Jungen an. Dies hat ein weiterer grosser Vorteil: eine gesunde Freizeitbeschäftigung, frei von Gewalt und Drogen

  • schlussendlich konnte ich folgenden Wunsch der Jugendlichen feststellen: sie möchten einen Jugendverein gründen, damit diese Arbeit auch in den kommenden Jahren weitergeht.
Richard Aufdereggen spricht mit den Jugendlichen

Nach den Treffen mit den jungen Leuten bin ich überzeugt, dass es sich bei diesem Projekt um eine wertvolle Hilfe und Orientierung handelt. Vielen Dank an alle, die es uns ermöglichen mit diesen Menschen ein Stück Weges zu gehen. 

Richard Aufdereggen, Bogotá, im April 2015

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